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letzter Beitrag vom 8.1.2010

Konzerte finden im Freien statt

Liebknechtblick Endlich ist der Sommer gekommen, mit seinen Open Air Veranstaltungen und den luftigen Blusen. Doch, wo soll geprobt werden? Die öffentlichen Plätze der Hauptstadt können höchstens für die Generalprobe genutzt werden, und nicht jedes Ensemble verfügt über einen eigenen Probenraum. So kam ich in die eigenartige Situation, in dem einst festungsartig bewachten Staatsratsgebäude der DDR an Konzertproben teilzunehmen.
Der erste Zutritt gestaltete sich zwar auch jetzt noch problematisch, doch die schlecht unterrichteten Wachposten telefonierten beharrlich und mit Erfolg. Man ließ uns ein.
Plötzlich fuhr ich mit dem Fahrrad in der großen Halle herum. Dort, wo einst nur Honni seine Kreise zog, mit je einem kräftigen Stasimann unter den schwachen Armen, dort fuhr ich Achten auf dem Mountainbike.

Beim Betreten der großen Treppe erschlug mich fast das riesige Glaspuzzle, welches von der Sonne durchflutet, eindrucksvoll vom ruhmreichen Sozialismus berichtet.

Wo ist das Wappen? Wie mag es unserem Schröder-Kanzler ergangen sein, der einige Monate in diesem Hause residierte? Augen zu und durch. Bei vielen neuen Bundesbürgern hat er sich schließlich mit dieser Geste eingeschleimt.
Doch, wie war das mit dem Regierungsbeschluss, alle DDR Symbole von öffentlichen Gebäuden zu entfernen? Am nachbarlichen Palast der Republik wurde damit angefangen. Hier, im ehemaligen provisorischen Kanzleramt ist Hammer, Zirkel, Ährenkranz fest in ein geschichtliches Glaswerk eingegliedert und konnte nicht entfernt werden. Zu seinem Glück wußte kaum ein alter Bundesbürger, dass der Kanzler für einige Zeit unter dem DDR-Wappen regierte, sonst hätte er die im Osten engefangenen Stimmen doppelt im Westen verloren.

Ehe ich mich der Orchesterprobe zuwandte, testete ich noch den Millenniumblick aus dem Balkonfenster. Für alle, die es schon vergessen haben, das berühmte Fassadenelement ist der Nachbau eines geschichtlich wichtigen Teils des Berliner Stadtschlosses. Auf diesem Balkon zeigte sich nicht nur der Kaiser dem Volk, auch Karl Liebknecht wurde dort gesehen, als er am 9.November 1918 die sozialistische Republik ausrief. Jetzt schaut man auf das umstrittene und ramponierte Palastgebäude, den Dom, das Alte Museum und auf einen Haufen Jahre Deutscher Geschichte.

6.7.2001
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