home, Inhalt,
letzter Beitrag vom 8.1.2010
Ein Turm als Sonnenuhr.

Die Schatten der Vergangenheit

Eigentlich bin ich etwas spät dran mit meinem Turm. Es hat zehn Jahre gedauert, ehe ich etwas abbekam vom fauligen Kuchen DDR. Das Adjektiv sollte mir keiner übel nehmen, denn welche Speise verdirbt nicht in zehn Jahren, zumindest ohne besondere Behandlung.
Ich bemühte mich in diesen vielen Jahren besonders bei der Treuhand und ihren Nachfolgegesellschaften um eine für mich erschwingliche Immobilie. Ich fuhr über Land, schaute in versteckte Ecken und entdeckte dabei so einige schöne Gebäude, leerstehend, im Verfall begriffen, mit romantischem Pflanzenbewuchs, für die ländliche Bevölkerung scheinbar wertlos, für mich ideal. Natürlich war an jedem Grundstück irgendein Haken. Entweder stand ein riesiger Misthaufen in unmittelbarer Nähe oder eine Kriegsromantik verbreitende Ansammlung von Landwirtschaftsschrott. Doch für einen Menschen ohne Vermögen ist es leichter, über Mängel dieser Art hinwegzublicken.
ich trage eine Fahne Die Mitarbeiter der Treuhand hatten oft keine Ahnung von den Liegenschaften, die sie verwalteten und so wurde ich zum Zuträger vermutlicher Leckerbissen. Immer, wenn es dann zu einem für mich bezahlbaren Vertragsabschluß kommen wollte, kam aber auch prompt etwas dazwischen. Mir wurde von Rechten Dritter berichtet, oder ich hätte das ganze Dorf kaufen müssen. Es wollte einfach nicht klappen, mit dem Kuchenstück der DDR.
Da ich aber nicht aufgab und immer weiter sehr schöne Ausflüge unternahm, stieß ich eines Tages auf den Wasserturm, den ich jetzt mein eigen nenne. Doch dieser Turm war schon verkauft, an einen Privatmann aus dem Dorf, so wie es sich gehört. Ich ging der Sache trotzdem weiter nach und hörte folgende Geschichte:
Der Mensch aus dem Dorf konnte zwar den kleinen Turm kaufen, doch das Geld, ihn nach seinem Wunsch zu einem Café auszubauen, hatte er nicht und konnte er auch nicht verdienen. So suchte er sich Arbeit, wo es auch Arbeit gab, in den alten Bundesländern. Von dort aus konnte sich der Mensch aus dem Dorf nicht um seinen Turm kümmern und er entschloß sich nach langen Überlegungen zum Verkauf.
Das ist der inzwischen schon vergessene bittere Beigeschmack des Kuchens. Denn ich habe nichts von der alten DDR bekommen können, sondern nur die Umstände einer Privatperson für mich genutzt.

Zur Startseite.