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letzter Beitrag vom 8.1.2010

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Hier gibt es leckere Dinge Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts tat sich so einiges in Europa. Schließlich gab es nicht nur Krieg und Zerstörung. Ersteinmal wurde kräftig gebaut. Selbst abgelegene Flecken blieben nicht vom technischen Fortschritt verschont. Neue Transportadern gruben sich sogar durch den verschlafenen märkischen Sand, um die wachsende Metropole mit Baumaterial und Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Eisenbahn bedeutete Zukunft, Wachstum und Reichtum.
Doch so eine Dampflok benötigte gerade Schienen und vor allem Wasser. Wenn ich jetzt so den ehemaligen Bahndamm neben meinem Turm entlangspaziere, kann ich noch gut erkennen, mit welch großem Aufwand die Trasse angelegt wurde. Die Moränenlandschaft stellte sich mit ihrem hügeligem Relief den Bahnarbeitern mit aller Macht in den Weg. Riesige Mengen Erdreich mußten bewegt werden, um den Lokomotiven unbezwingbare Steigungen zu ersparen. Dämme wurden über wunderbaren Feuchtbiotopen angelegt, um ein Versinken der Schienen zu verhindern. Und mit welcher Technik geschah all das? Ich befürchte, daß der einfache Mensch mit der Schippe die größte Bürde tragen mußte.
Mein Wasserturm entstand zur gleichen Zeit, um die dürstenden Rachen der Lokomotiven zu besänftigen. Doch, wie lange versah er seinen Dienst? Nicht einmal vierzig Jahre sollte die Strecke befahren werden. Ein verlorener Krieg und die damit verbundenen Reparationszahlungen stoppten abrupt den Verkehr. Die Schienen wurden abtransportiert, um im fernen Osten Rost anzusetzen und der Wasserturm stand seitdem, dem Verfall ausgesetzt, menschenleer.
Für mich persönlich ist dieser Verlauf der Geschichte nur positiv zu sehen. Hätte ich den Turm sonst kaufen können, wenn der kleine Bahnhof noch stehen würde? Hätte ich die ersehnte, erholsame Ruhe mit vorbeifahrenden Zügen genießen können? Wenn erst im Jahr 2000 , so wie es auch vielen anderen Linien erging, diese Strecke eingestellt worden wäre, würde kein öffentlicher Weg zu meinem Wasserturm führen.
Seit fünfundvierzig ist Ruhe auf dem Hof und ich gelange über den ehemaligen Bahndamm bequem zu meinem Turm, zum Glück für mich und hoffentlich auch noch für viele andere Menschen.